Bernadette Schützenhofer ist leidenschaftliche Gärtnermeisterin. Naturnähe und Nachhaltigkeit werden in ihrem Familienbetrieb in Rohr/Bad Hall, der seit 1971 Bestand hat, großgeschrieben. Spezialisiert haben sich die Schützenhofers auf Gemüsejungpflanzen, Kräuter, Beet- und Balkonblumen sowie Frischgemüse auf naturnahe Art. Aber auch Obstgehölze und Baumschulpflanzen, mehrjährige Staudenpflanzen und Zimmerpflanzen sind ebenso bei ihnen erhältlich wie Schnittblumen und Trauerfloristik.
Sehr empfehlenswert ist ein Besuch ihres eigens angelegten Themen-Kräutergartens, wo während einer Begehung der über 500 verschiedenen Wildpflanzen viel volksheilkundliches Wissen erlernt werden kann. Das Herzstück dieser Gartenbegehung bildet ein Beet, das in Form eines menschlichen Körpers dargestellt ist. Anstelle der Organe sind jene Pflanzen angelegt, die das jeweilige Organ unterstützen können. Sitzmöglichkeiten laden zum Verweilen und Genießen ein.
Was hat dich dazu bewogen, Gärtnerin zu werden? Mein ursprünglicher Wunsch war es, Köchin zu werden. Auf einem Teilgrund der heutigen Gärtnerei hatten sich meine Eltern einst eine Haushälfte mit dazugehöriger Fläche gekauft. Dazu besaßen sie fünf Kühe. Mein Vater war Zimmermann und meine Mutter hat bereits von Anbeginn an Gemüsepflanzen gezogen. Meine ältere Schwester hatte im Jahr 1971 Gärtnerei erlernt. Bereits im Dezember desselben Jahren haben meine Eltern diesen Abschluss zum Anlass genommen, um ein Glashaus zu bauen und Pflanzen zu ziehen. Unser Geschäft ist konstant gewachsen, so bin auch ich mit den Pflanzen groß geworden. Für mich war unsere Gärtnerei meine Freizeitbeschäftigung, ich habe jede freie Minute mitgeholfen. Es war nur eine logische Folge, dass ich in der Gartenbauschule Ritzlhof die berufsschulische Ausbildung für Gartenbau, Zierpflanzenbau und Baumschule absolvierte. Um die Lehrabschlussprüfung machen zu können, musste ich ein weiteres Ausbildungsjahr anhängen, da kein Meister bei uns in der Gärtnerei tätig war, den es für einen Abschluss nach drei Jahren brauchte. Die Meisterprüfung folgte dann etwa 12 Jahre später, also 1988, da war ich bereits Mutter von zwei Kindern.
Seitdem hat sich die Gärtnerei aufgrund der steigenden Nachfrage laufend vergrößert. Wir haben einige Jahre später unser zweites Glashaus für Zimmerpflanzenverkauf, Beet- und Balkonblumen geschaffen. Im Folientunnel, den es auch schon seit Anbeginn bei uns gibt, sind die Kräuter- und Gemüsepflanzen sowie fertig gezogenes Gemüse zu Hause.
Ihr habt auch einen ganz besonderen Kräutergarten hinter eurer Gärtnerei angelegt. Stimmt. Im Jahr 2007 habe ich die Ausbildung zur FNL-Kräuterexpertin (Anm. FNL: Freunde Naturgemäßer Lebensweise) gemacht. Während dieser Ausbildung ist bereits der Wunsch in mir gereift, einen eigenen Kräutergarten zu gestalten. Mein erster Wunschort auf unserem Boden hat sich aber als zu klein erwiesen. So haben wir unseren Getreideacker umgestaltet und daraus einen Garten geschaffen. Die drei räumlichen Bereiche für Atemwegserkrankungen, Moorbeet und Feuerstelle hatte ich dazumal bereits konzipiert.
Da sich die Gartenbetreuung als sehr aufwändig erwies, und ich bereits überlegte, mein Herzensprojekt aufgrund familiärer und beruflicher Verpflichtungen wieder zu Grabe zu tragen, bekam ich Unterstützung von Teilnehmerkolleginnen eines anderen Kräuterkurses. So hat sich jede von ihnen einem speziellen Thema gewidmet wie etwa Räucherpflanzen, Pflanzen für die Haut, Giftpflanzen, Frauen-Männer-Kinder Pflanzen, unser Menschenbeet mit den Organpflanzen, Nervenpflanzen, Küchenkräuter und die weißen Doldenblütler, Alpenpflanzen sowie Salbeiarten. Jede Kollegin hat zu den erforderlichen Pflanzen das dazu passende Konzept ausgearbeitet. Das Ergebnis haben wir in meinem Garten miteinander verbunden. Mein Sohn David, der die Fachschule in Ritzlhof absolvierte, unterstützte uns bei diesem Vorhaben und hat die Erde umgegraben, sodass wir dann einige Wochen später die ersten Pflanzen setzen konnten. Im Jahr 2010 wurde der Grundstein für jene Gartenstruktur gelegt, wie wir diese auch heute bei uns vorfinden. Im Juni 2011 folgte die Eröffnung unseres Gartens. Seitdem ist dieser Kräutergarten öffentlich begehbar, es hat auch schon sehr viele verschieden Treffen in Form von Vorträgen und Workshops gegeben.
Du bemühst dich ja sehr um einen regen Wissensaustausch und hast deshalb Stammtische initiiert. Welche Themen werden bei diesen Treffen besprochen? Jeden dritten Dienstag im Monat findet ein Kräuterstammtisch statt. Darüber hinaus gibt es noch viele andere Themen, zu denen wir Experten hereinholen: wie man beispielsweise Wurmkisten baut, Schwammerl zieht, Räuchermischungen selbst mischt aber auch Kräuter- und Wildobstanbau. Mir ist es wichtig, Erfahrungswissen über nachhaltige und biologische Gemüseproduktion für den Hausgarten an Interessierte weiterzugeben. Viele verfügen dazu über unterschiedliche Wissenszugänge, das gehört auch unter die Leute gebracht.
Das Projekt „Kräutergarten“ ist im Übrigen ein dynamisches Vorhaben, wo mich auch aktuell eine Arbeitsgruppe unterstützt, damit die Garteninhalte von Jahr zu Jahr dem Bedarf angepasst werden. Es entstehen dadurch auch neue Projekte. So ist bei einem Flechtkurs unser Giftpflanzenbereich mit einem aufwändigen Flechtwerk veredelt worden. Es lohnt sich auf jeden Fall, immer wieder vorbeizuschauen und unsere Pflanzenwelt zu bestaunen.
Sehr viele unserer heimischen Pflanzen besitzen eine heilkräftige Wirkung, von krautigen Pflanzen über Sträucher bis hin zu den Bäumen. Aus der Sicht der Volksheilkunde: Welche sind die für dich in diesem Jahr prägnantesten Pflanzenarten? Wir selbst haben aufgrund einer familiären Erkrankung sehr gute Erfahrungen mit der knotigen Braunwurz (Scrophularia nodosa, antiseptisch) gesammelt. Diese Pflanze schätze ich sehr. Diesen Frühling war das gefleckte Lungenkraut (Pulmonaria officinalis, schleimlösend) sehr präsent. Die Braunelle (Prunella vulgaris, antiviral) wuchs heuer auch vermehrt in unserem Garten bzw. überall in den Gegenden, wo ich unterwegs gewesen bin. Mit dem volksheilkundlichen Ansatz, dass sich jene Pflanzen vermehrt den Weg bis vor unsere Haustür suchen, die wir in der jeweiligen Zeitqualität auch brauchen, schließe ich daraus, dass wir aus volksheilkundlicher Sicht dem Lungenkraut und der Braunelle besonderes Augenmerk schenken sollten.
Ich habe die Blüten der Braunelle getrocknet und mir eine Tinktur angesetzt. Die Braunellen-Tinktur nehme ich präventiv, um viralen Erkrankungen vorzubeugen. Auch in meiner persönlichen Grippemischung findet sich die Braunelle wieder.
Du hast auch dein Wissen der Hildegard Medizin in deine Eigenanwendungen einfließen lassen. Ja, in den 90er Jahren hat sich unsere Familie auf fünf Kinder erweitert. Zu dieser Zeit habe ich aufgrund einiger Kinderkrankheiten auch die Literatur der Hildegard von Bingen Heilkunde studiert. So habe ich Wermutöl (Artemisia absinthium) bei Husten oder bei Ohrenschmerzen die Rebtropfen (Vitis vinifera) mit Erfolg angewandt.
Gibt es auch während der Winterzeit Pflanzen, die du zur Unterstützung deiner Gesundheit nutzt? Wenn die Natur ihre Pflanzengeschenke aufgrund einer fehlenden Schneedecke freigibt, ist es durchaus gut, Löwenzahnblätter (Taraxacum officinalis) und Vogelmiere (Stellaria media) oder Brennnesselspitzen (Urtica dioica) zu sammeln. Ich verwerte diese gerne im Salat oder in einer Suppe. Wenn ich im Jänner spazieren bin, nasche ich gerne einige Knospen des Haselnussstrauches (Corylus avellana). Die Knospen sind wahre Kraftpakete für unser körperliches Wohlergehen.
Nächstes Jahr steht ein Generationenwechsel in eurer Gärtnerei bevor…Genau. Im August 2021 übergeben wir unseren Betrieb an unseren Sohn David. Er wird gemeinsam mit seiner Frau Daniela die Gärtnerei weiterführen. Der Kräutergarten wird bestehen bleiben, darum werde ich mich gerne weiter kümmern. Es ist mir wichtig, dass dieses Projekt Bestand hat und auch weiterhin Treffen und Kurse bei uns stattfinden.
Hast du einen Rezepttipp, um der kalten Jahreszeit zu trotzen? Ich mische mir selbst meine Grippetropfen, die ich während meiner Kräuterausbildung erlernt habe, zusammen. Dieses Rezept setzt sich wie folgt zusammen: Sonnenhut (Echinacea angustifolia), Wasserdost (Eupatorium cannabinum), Braunelle (Prunella vulgaris), Kapuzinnerkressenblüten/-blätter (Tropaeolum majus), Engelwurzwurzel und -blüten (Angelica archangelica und sylvestris) und Meisterwurzwurzel/-blätter (Peucedanum ostruthium). Die frischen Pflanzen setze ich in einen 40%igen Kornschnaps an und ziehe die Mischung ein paar Wochen aus. Bei leichten banalen Erkältungsanzeichen nehme ich davon einen Esslöffel in Wasser gemischt und trinke dies. Das hilft mir gut durch die rauen Wintertage.
Liebe Bernadette, ich danke dir für unser Gespräch.
Die Gärtnerei Schützenhofer hat von Montag bis Freitag von 8h00 bis 18h00 und am Samstag von 8h00 bis 12h00 geöffnet. Der Kräutergarten ist von Montag bis Sonntag ganzjährig geöffnet. Für Lernzwecke empfiehlt sich ein Besuch von Mitte März bis Mitte Oktober. Der Eintritt ist frei.
Webseite: www.gaertnerei-schuetzenhofer.at